Das Grüne Blatt 2.2012: Das neue Pflanzenschutzgesetz
Dr. Bernd Augustin, Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück
Birgit Heinz-Fischer, Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz
Das europäische Pflanzenschutzpaket wurde 2009 verabschiedet. Es beinhaltet:
- Das Inverkehrbringen von PSM (1107/2009)
- Die Richtlinie zur nachhaltigen Verwendung von Pestiziden (2009/128/EC)
- Die Maschinenrichtlinie (2009/127/EC)
- Die EU-Verordnung über PSM-Statistiken (Absatz und Anwendung) (1185/2009/EC)
Zielsetzung ist eine einheitliche Zulassung und eine nachhaltige Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) mit maximalem Schutzniveau für Gesundheit und Umwelt, ohne Spielraum für länderspezifische Interpretationen. Die Umsetzung des Pflanzenschutzpaketes auf nationaler Ebene wird mit Hilfe des neuen Pflanzenschutzgesetzes bewerkstelligt, das im Februar dieses Jahres in Kraft getreten ist. Auch wenn viele Details der Umsetzung noch geregelt werden müssen, zeichnen sich bereits einige Änderungen ab, die auch den öffentlichen Bereich betreffen.
Sachkunde auf Zeit
Die Erlangung der Sachkunde wurde bereits nach dem alten Pflanzenschutzgesetz für die berufliche Anwendung von PSM verlangt. Sie ist nun erforderlich für Personen, die PSM
- anwenden
- verkaufen
- beraten
Ohne Sachkunde sind PSM noch gestattet:
- in Haus- und Kleingärten (spezielle Mittel)
- unter sachkundiger Aufsicht:
• bei einfacher Hilfstätigkeit
• im Rahmen der Ausbildung
• zur Anwendung von Wildverbissmitteln
Unabhängig davon, ob sie mit der Berufsausbildung oder durch eine zusätzliche Prüfung im Rahmen der Sachkundeverordnung erworben wurde, gilt nun eine Weiterbildungspflicht innerhalb von drei Jahren. In diesem Zusammenhang sind folgende Fristen für eine vorhandene Sachkunde zu beachten:
- Gültigkeit bis 26.11.2015
- Antrag für die Ausstellung eines gültigen Sachkundenachweises bis zum 26.5.2015
Die Weiterbildungspflicht erfordert die Registrierung aller sachkundigen Personen bei der Ausstellung des Sachkundenachweises. Im Gegensatz zur alten Verordnung könnte es künftig mehrere Sachkundekategorien geben, um Personen eine eingeschränkte Nutzung von PSM zu ermöglichen (beispielsweise eine Anwendung im kommunalen Bereich oder zur Beratung von Haus- und Kleingärtnern).
Insgesamt bedeutet dies eine gewaltige logistische Herausforderung. Alleine in Rheinland-Pfalz (RLP) sind davon schätzungsweise 40.000 Personen betroffen. Sie müssen regelmäßig fortgebildet werden und die sachkundespezifischen Daten sind zu verwalten. Derzeit wird diskutiert, wie und von wem diese Aufgaben künftig im Lande zu bewerkstelligen sind.
Wege und Plätze
Für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf Flächen die nicht landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt werden, so genanntem Nichtkulturland, wird auch nach dem neuen Pflanzenschutzgesetz (PflSchG §12) eine Genehmigung benötigt. Zuständige Behörde ist in RLP die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier.
Flächen die für die Allgemeinheit bestimmt sind (§ 17 PflSchG)
Der Gesetzgeber hat im § 17 PflSchG den besonderen Schutz für die Allgemeinheit verankert. Auf Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind dürfen nur noch entsprechend zugelassene Mittel zum Einsatz kommen. Zu diesen Flächen gehören
- öffentliche Parks und Gärten
- Grünanlagen in öffentlich zugänglichen Gebäuden
- öffentlich zugängliche Sportplätze einschließlich Golfplätzen
- Schul- und Kindergartengelände
- Spielplätze
- Friedhöfe
- Flächen in unmittelbarer Nähe von Einrichtungen des Gesundheitswesens
In diesen sensiblen Bereichen soll nach Möglichkeit auf alternative Maßnahmen ausgewichen werden oder, sofern unvermeidbar, der Einsatz auf PSM mit geringem Risiko beschränkt werden. In der Gebrauchsanweisung erhalten solche Präparate den Zusatz „Freiland, Fläche für die Allgemeinheit“. Gegenwärtig sind noch keine Pflanzenschutzmittel mit einer solchen Zulassungserweiterung im Sinne des § 17 vorhanden.
Genehmigungen für Flächen die für die Allgemeinheit bestimmt sind (§ 17 PflSchG)
Im PflSchG ist für den Fall fehlender Zulassungen ein Genehmigungsverfahren vorgesehen. Bewirtschafter von Flächen im Sinne des §17 PSchG müssen vor der Anwendung eines PSM Genehmigung einholen (Antragstellung direkt an das BVL). Das BVL entscheidet gemeinsam mit weiteren Behörden über den Antrag. Ein Antrag wird nur genehmigt, wenn:
- ein öffentliches Interesse besteht
- keine schädlichen Auswirkungen auf die Allgemeinheit zu erwarten sind
- der Zulassungsinhaber einverstanden ist
Der bislang formlose Antrag muss folgende Informationen beinhalten:
- Name des Antragstellers
- Handelsname / Wirkstoff des PSM
- eindeutiger Verweis auf die zugelassene Anwendung
- Beschreibung der zu behandelnden Flächen für die Allgemeinheit (z.B. Park, Sportanlage)
- Begründung für das öffentliche Interesse einer PSM-Anwendung
- Nachweis der Zustimmung des (PSM) Zulassungsinhaber für eine Anwendung auf Flächen im Sinne des §17 PSchG
Das BVL veröffentlicht eine Liste der PSM im Bundesanzeiger, für die eine Genehmigung zur Anwendung auf Flächen für die Allgemeinheit erteilt wurde.
Die Definition der „Flächen für die Allgemeinheit“ ist noch mit Unsicherheiten behaftet. Im Zweifelsfalle muss bei der ADD um Auskunft ersucht werden.