Das Grüne Blatt 1.2013: Unerwünschten Pflanzenwuchs planen

Das Grüne Blatt 1.2013: Unerwünschten Pflanzenwuchs planen

In den letzten Jahren ist das Verständnis für die Belange der Umwelt und der ökologischen Zusammenhänge gestiegen. Spontan wachsende Pflanzen werden häufig als Wildkräuter bezeichnet. Zugegeben, die Unterscheidung zwischen Unkraut und Wildkraut ist nicht immer einfach. Dennoch ist sie notwendig. Lediglich das Wachstum von Unkräutern gilt es einzudämmen bzw. zu verhindern. Wildkräuter sollten sich dagegen aus ökologischen Gesichtspunkten heraus möglichst unbeeinträchtigt entwickeln.

Dr. Bernd Augustin; Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück
Birgit Heinz-Fischer, Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfal
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Unkraut kontra Wildkraut


In den letzten Jahren ist das Verständnis für die Belange der Umwelt und der ökologischen Zusammenhänge gestiegen. Spontan wachsende Pflanzen werden häufig als Wildkräuter bezeichnet. Zugegeben, die Unterscheidung zwischen Unkraut und Wildkraut ist nicht immer einfach. Dennoch ist sie notwendig. Lediglich das Wachstum von Unkräutern gilt es einzudämmen bzw. zu verhindern. Wildkräuter sollten sich dagegen aus ökologischen Gesichtspunkten heraus möglichst unbeeinträchtigt entwickeln. Ganz allgemein gesprochen, sind Unkräuter Pflanzen, die zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort wachsen. Bei der Erzeugung von Nahrungsmitteln müssen Unkräuter kontrolliert werden, weil sie Ertrag und Qualität der Ernte verringern.

Im kommunalen Bereich muss dagegen beurteilt werden, ob mit dem spontanen Pflanzenwuchs Gefahren verbunden sind, die Gegenmaßnahmen erforderlich machen. Verkehrssicherheit, Arbeits- und Brandschutz, sowie eine dauerhafte Erhaltung von Baulichkeiten sind zwingende Gründe gegen Wildwuchs vorzugehen. Abgesehen von einigen Sonderfällen (z.B. Kurgebiete, botanische Gärten) sind ästhetische Aspekte von untergeordneter Bedeutung.

In Zeiten streng limitierter Budgets und sinkender Mitarbeiterzahlen im kommunalen Bereich müssen Konzepte entwickelt werden, mit denen unter den gegebenen Standortbedingungen (Flächengestaltung, Maschinenpark, Mitarbeiterzahl) der unerwünschte Pflanzenwuchs eingedämmt werden kann.


Bereits in der Planungsphase Pflegekonzepte berücksichtigen


Bei der Planung von neu zu gestaltenden Flächen sollten bereits Aspekte der späteren Flächenpflege einfließen. Noch vor der Fertigstellung kann mit relativ geringem Aufwand sicher-gestellt werden, dass die Kosten für spätere Pflegeaufwendungen möglichst niedrig sind.

Die Pflege von schwer zugänglichen Mittelstreifen von Straßen verursacht nicht nur regelmäßige Staus, sondern gefährdet auch die Mitarbeiter. Eine dauerhafte Versiegelung kann hier eine Lösung sein.

Die Zahl von Verkehrsinseln hat sich durch Kreisverkehre und zur Geschwindigkeitsreduzierung in den letzten Jahren vervielfacht. Eine Oberflächengestaltung mit abwechslungsreichen Mineralien ist am pflegeextensivsten, wirkt aber schnell unattraktiv und kahl*. Ist eine auf-lockernde Begrünung erwünscht, sollte die Pflanzenwahl standortangepasst und trocken-resistent sein und ohne Schnittmaßnahme aus-kommen. Anstelle von Rasen können die Frei-flächen mit Unkrautfolie ausgelegt und mit Holzhäcksel, Rindenmulch oder Kies fixiert werden.

Die Umgestaltung von Wegen und Plätzen mit Bitumen- oder Betonbelag in Pflasterflächen sind im Trend und sicher auch gestalterisch ein Gewinn. Dabei muss allerdings bedacht werden, dass mit schrumpfender Steingröße der Fugenanteil und damit die Verunkrautungsgefahr ansteigt. Eine dauerhafte Fugenabdichtung beim Einbau kann den Pflegeaufwand erheblich senken.

Die Erfahrung lehrt, dass sich insbesondere auf wenig frequentierten, mit Platten oder Verbund-stein befestigten Wegen und Flächen spontaner Pflanzenwuchs schneller entwickelt. In diesem Zusammenhang wird die vorbeugende Wirkung eines regelmäßigen Einsatzes von Kehrmaschinen häufig unterschätzt. Er verhindert die Ablagerung von organischem oder Erdmaterial. Die Flächen trocknen schneller ab und Unkrautsamen können sich nicht festsetzen und keimen. Voraussetzung ist eine Flächengestaltung, die eine rationelle Bearbeitung ermöglicht und geeignete Geräte dauerhaft verfügbar sind.

Auch Baumscheiben lassen sich so gestalten, dass Regenwasser die Wurzeln erreicht, Unkrautwachstum dagegen verhindert oder zumindest weitgehend unterdrückt wird (Granulatschichtungen, poröse Versiegelung).

Es sind noch zahlreiche weitere Maßnahmen geeignet, den späteren Pflegeaufwand zu reduzieren. Die überörtliche Verwendung von Geräten kann beispielsweise erheblich zur Kostenreduzierung beitragen und sollte daher bereits bei der Entwicklung von Pflegekonzepten Berücksichtigung finden. Die Auslastung von Spezialgeräten (z.B. Pflegegeräte für Hartplätze oder Rasenflächen, Friedhofswege u.ä.) ließe sich damit erheblich verbessern.


Gefahrenorientierte Flächenpflege


Im Siedlungsbereich ist ein zunehmender Anteil an Flächen zu verzeichnen, auf denen die Verkehrssicherheit gewährleistet werden muss. Dazu zählen Verkehrsbegleitgrün, Bushaltestellen, Verkehrsinseln, Friedhofsanlagen, Sportstätten und sonstige Wege und Plätze mit Publikumsverkehr. Aufgrund der unterschiedlichen Gelände- und Oberflächengestaltung sind individuelle, standortorientierte Pflegekonzepte erforderlich. Ähnliches gilt für Flächen auf denen Wildwuchs die Bausubstanz bedroht. Auf Gelände, das wegen Brand- oder Arbeitsschutzgründen frei gehalten werden muss, gelten verschärfte Anforderungen. Beispielsweise darf im Wartungsbereich von Gasanlagen kein trockenes Pflanzenmaterial vorhanden sein.


Extensive Grünflächen


Außerhalb dieser Gefahrenbereiche gibt es auch Flächen auf denen eine Begrünung erwünscht ist. Hier muss eine Entscheidung zwischen einer pflegeextensiven Bepflanzung/Begrünung oder der Tolerierung von spontanem Bewuchs getroffen werden.

Sofern an die Flächenbeschaffenheit und -nutzung keine besonderen Anforderungen gestellt werden, kann auch die Entwicklung von spontanem Pflanzenwuchs sinnvoll sein. Neben den Gräsern kann ein mehr oder weniger Anteil an Blütenpflanzen durchaus attraktiv sein (z.B. Klatschmohn, Leinkraut, Löwenzahn, Bocksbart). Der Pflegeaufwand reduziert sich dabei auf eine Schnittmaßnahme pro Jahr und das Entfernen unerwünschter Arten wie Brombeeren oder Baumsämlinge. Da sich die Zusammensetzung der Vegetation in Abhängigkeit vom Standort verändern kann, muss darauf geachtet werden, dass es zu keiner Zunahme unerwünschter Arten wie Riesenbärenklau, Kreuzkräutern oder Ackerkratzdisteln kommt.

Leider sammelt sich auf Extensivflächen auch leicht jegliche Art von „Zivilisationsabfall“. Trotzdem ist eine Ausdehnung solcher Flächen nicht nur aus ökologischen Gesichtspunkten heraus erstrebenswert. Sie signalisieren dem Bürger auch die begrenzten Arbeitskapazitäten und erzeugen (hoffentlich) mit der Zeit eine zunehmende Toleranz von natürlichem Pflanzenwuchs ohne Formschnitt.


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